Die MMR (Masern, Mumps, Röteln)-Impfung könnte als Präventivmaßnahme dienen, um die mit Covid-19 assoziierte Entzündung zu lindern, wie ein Expertenteam von mBio feststellt, einer Zeitschrift der American Society for Microbiology. Die Verabreichung des MMR-Impfstoff hat bei immunkompetenten Personen keine Gegenanzeigen und kann insbesondere bei medizinischem Personal wirksam sein, das mit Covid-19 zu tun hat, schließen die WissenschaftlerInnen.
Es gibt immer mehr Belege dafür, dass abgeschwächte Lebendimpfstoffe einen unspezifischen Schutz gegen nicht mit dem Pathogen korrelierte Infektionen bieten und das unspezifische Immunsystem aktivieren, um die Reaktion auf zukünftige Infektionen zu verbessern. Abgeschwächte Lebendimpfstoffe gehen mit einer nicht spezifischen Wirkung einher, und zwar einer „angeborenen, trainierten Immunität“, indem Vorläuferzellen der Leukozyten (Immunsystemzellen) im Knochenmark trainiert werden, damit sie besser gegen Infektionen anderer Art vorgehen können.
Auch die jüngsten Ereignisse unterstützen die These der ForscherInnen. Die milden Symptome, welche bei den 955 positiv auf Covid-19 getesteten Matrosen der USS Roosevelt beobachtet wurden, könnten darauf zurückzuführen sein, dass allen Rekruten der amerikanischen Marine routinemäßig die MMR-Impfung verabreicht wird. Darüber hinaus lassen epidemiologische Daten einen Zusammenhang zwischen Gegenden, in denen die Menschen gewöhnlich gegen MMR geimpft werden, und einer geringeren Sterblichkeit aufgrund von Covid-19 vermuten. Im Übrigen waren kaum Kinder von Covid-19 betroffen, was die ForscherInnen zu der Vermutung veranlasst, dass sie wegen der häufigeren, zeitlich nahen Verabreichung von Lebendimpfstoffen besser vor Virusinfektionen, die zu einer Sepsis führen können, geschützt sind.
Die WissenschaftlerInnen schlagen vor, klinische Studien durchzuführen, um zu prüfen, ob die MMR-Impfung auch gegen Covid-19 helfen kann, regen aber an, dass in der Zwischenzeit alle Erwachsenen, insbesondere das medizinische Personal und die Bewohner von Pflegeheimen, geimpft werden. „Wenn Erwachsene als Kinder geimpft wurden, haben sie wahrscheinlich immer noch eine gewissen Menge an Antikörpern gegen Masern, Mumps und Röteln, aber nicht an myeloiden Suppressorzellen (MDSC)“, erklären die AutorInnen. „Die MDSC sind langlebige, aber keine lebenslangen Zellen. Deswegen würde der MMR-Impfstoff als „Booster“ die Antikörper gegen Masern, Mumps und Röteln verstärken und die MDSC wieder initialisieren. Wir hoffen, dass die von der MMR-Impfung angeregten MDSC dauerhaft genug sind, um den kritischen Zeitpunkt der Pandemie zu überwinden“.
Quelle
Fidel PL et al. Could an unrelated live attenuated vaccine serve as a preventive measure to dampen septic inflammation associated with COVID-19 infection. mBio 2020. 10.1128/mBio.00907-20