KI und das Brustkrebsrisiko

In einer großen Studie mit Tausenden von Mammographie-Aufnahmen schnitten KI-Algorithmen besser ab als das standardmäßige klinische Risikomodell für die Vorhersage des Brustkrebsrisikos nach fünf Jahren. Die Ergebnisse der Studie sind in Radiology erschienen, einer Zeitschrift der Radiological Society of North America.

Das Brustkrebsrisiko einer Frau wird im Allgemeinen mit Hilfe eines klinischen Risikomodells wie dem des BCSC (Breast Cancer Surveillance Consortium) berechnet, das Selbstauskünfte der Frau sowie andere Informationen über sie verwendet, darunter Alter, familiäre Vorgeschichte der Krankheit, ob sie Kinder bekommen hat oder nicht  und eine hohe Brustdichte.

„Die klinischen Risikomodelle beruhen darauf, Informationen aus verschiedenen Quellen zu sammeln, die nicht immer zur Verfügung stehen oder erfasst werden. Die jüngsten Fortschritte beim Deep Learning der künstlichen Intelligenz erlauben es uns, weitere Hunderte oder Tausende Mammographiemerkmale zu extrahieren“, bemerkt Vignesh A. Arasu, Forscher und Radiologe bei Kaiser Permanente Northern California.

In der retrospektiven Studie nutzte Arasu Daten von negativen 2D-Mammographien, die 2016 bei Kaiser Permanente Northern California durchgeführt worden waren. Aus den 324 009 Frauen, die 2016 ein Mammographie-Screening gemacht hatten und die Kriterien für die Aufnahme in die Studie erfüllten, wurde für die Analyse eine zufällige Unterkohorte von 13 628 Frauen  ausgewählt. Darüber hinaus wurden 4383 Patientinnen, die die Studienkriterien erfüllten, untersucht, denen innerhalb von fünf Jahren nach der Mammographie von 2016 Krebs diagnostiziert wurde. Alle Frauen wurden bis 2021 begleitet.

Die Forschenden unterteilten den Studienzeitraum von fünf Jahren in drei Zeitintervalle: das Risiko für Intervallkrebs, der zwischen 0 und 1 Jahr diagnostiziert wird; das zukünftige Risiko für Krebs, der zwischen 1 und 5 Jahren diagnostiziert wird; und das Gesamtrisiko für Krebs, der zwischen 0 und 5 Jahren diagnostiziert wird.

Unter Verwendung der Screening-Mammographien von 2016 wurde die Risikobewertung von Brustkrebs im Zeitraum von fünf Jahren von fünf KI-Algorithmen vorgenommen, darunter zwei akademische Algorithmen, die von Forschenden verwendet werden, und drei kommerzielle Algorithmen. Die Risikobewertungen wurden dann miteinander und mit der BCSC-Bewertung verglichen.

„Alle fünf KI-Algorithmen schnitten bei der Vorhersage des Brustkrebsrisikos von 0 bis 5 Jahren besser ab als das BSCS-Modell“, erklärt Arasu. „Diese gute Leistung bei der Vorhersage legt nahe, dass die KI sowohl die übersehenen Tumore wie die Eigenschaften des Brustgewebes ermittelt, mit denen die zukünftige Krebsentwicklung bestimmt werden kann. Etwas in den Mammographien erlaubt es uns, das Brustkrebsrisiko zu kontrollieren. Das ist die ‚Black Box’ der KI,“

Auch die KI-Algorithmen, die nur über einen kurzen Zeitraum (maximal drei Monate) trainiert wurden, waren in der Lage, das zukünftige Krebsrisiko bis zu fünf Jahren vorauszusagen, wenn beim Mammographie-Screening klinisch kein Tumor festgestellt wurde. Zusammen eingesetzt verbesserten die Risikomodelle der AI und BCSC die Krebsvorhersage noch weiter.

„Wie suchen nach einer präzisen, effizienten und skalierbaren Methode, um das Brustkrebsrisiko von Frauen vorherzusagen“, fährt Arasu fort. „Die AI-Risikomodelle, die auf Mammographien beruhen, bieten praktische Vorteile gegenüber den traditionellen klinischen Risikomodellen, weil sie nur eine Datenquelle nutzen: die Mammographie.“

Einige Institutionen setzen schon künstliche Intelligenz ein, um den Radiologen dabei zu helfen, Krebs in Mammographien zu erkennen. Die Bewertung des künftigen Risikos eines Menschen, die in wenigen Sekunden von der künstlichen Intelligenz vorgenommen wird, könnte in den radiologischen Befund integriert werden, den Radiolog:innen und Patient:innen teilen.

Quelle

Arasu VA et al. Comparison of mammography ai algorithms with a clinical risk model for 5-year breast cancer risk prediction: an observational study. Radiology 2023. doi.org/10.1148/radiol.222733.