- Die Philosophie der Zeitschrift: Strenge, Zugänglichkeit, Unterhaltung
- An wen richtet sich die Zeitschrift?
- Was finden wir in dem Periodikum?
Die Philosophie der Zeitschrift: Strenge, Zugänglichkeit, Unterhaltung ^
“The BMJ aims to publish rigorous, accessible and entertaining material that will help doctors and medical students in their daily practice, lifelong learning and career development. In addition, it seeks to be at the forefront of the international debate on health”. In diesem Satz zur Präsentation der Zeitschrift steckt die ganze, oder beinahe die ganze, Philosophie der Wochenblattes.
Zu erst zur Strenge: Obwohl die Evidenz-basierte Medizin im JAMA „aus der Taufe gehoben“ wurde, ist das BMJ die Zeitschrift, die sich heute mit der größten Kontinuität auf die Medizin der Effizienzproben beruft. Noch stärker als andere Periodika pocht das BMJ auf seine Unabhängigkeit: „nur“ 30 Prozent der klinischen Trials, deren Ergebnisse das BMJ veröffentlicht, werden mit Geldern der Pharmaindustrie finanziert. Im Fall von JAMA oder den Annals of Internal Medicine steigt der Anteil auf über 60 Prozent. Um beim Thema „Strenge“ zu bleiben: Das BMJ steht an vorderster Front, wenn darauf gedrängt werden soll, den Fragen hinsichtlich möglicher Interessenskonflikte genauer nachzugehen, eines der heißesten Themen in der klinischen Forschung unserer Tage. Eine Ausgabe der Zeitschrift, der Anfang Sommer 2003 erschienen ist, widmete zum Großteil den Beziehungen zwischen den Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie; sie hat für viel Diskussionsstoff auch außerhalb Großbritanniens gesorgt, insofern sogar das italienische Gesundheitsministerium beschlossen hat, diverse Beiträge zu übersetzen und im Bollettino di informazione sui farmaci zu veröffentlichen.
Bezüglich der Zugänglichkeit war das BMJ das erste unter den drei großen internationalen medizinischen Fachzeitschriften, das den kompletten Inhalt der Druckausgabe ins Internet gestellt hat. Heute können nur noch Abonnenten das Onlineangebot der Zeitschrift gratis nutzen, allerdings handelt es sich um eine geschäftspolitische Veränderung, über die bald schon wieder neu nachgedacht werden könnte. Auch wegen der Qualität des kompletten Produktangebots der British Medical Journal Publishing Group wird das British immer stärker wahrgenommen: Das vom Verlag publizierte Handbuch Clinical evidence hatte auf internationalem Niveau umgehend großen Erfolg.
Inwiefern Unterhaltung? Als das British Medical Journal 1983 damit anfing, unter dem Motto „How to do it“ eine Serie mit kurzen Artikeln zu veröffentlichen, war die allgemeine Überraschung groß. Zugegeben: Der Mediziner sollte sich auch mit anderen Dingen außerhalb der Klinik beschäftigen, aber deshalb in der Zeitschrift der British Medical Association Platz zur Verfügung zu stellen für Themen wie „ Reisen mit dem Flugzeug“ oder „So verschönern Sie den Korridor Ihres Krankenhauses“, das erschien dann doch etwas übertrieben. Die drei Bücher, in denen duzende von Beiträgen – einige von namhaften Autoren – in den folgenden Jahren gesammelt wurden, hatten selbst in Italien großen Erfolg. Hauptsächlich deshalb, weil sie einen neuen Weg aufzeigten, der die Verbindung von klinischer Aktualität und Unterhaltung demonstrierte. Unter den führenden internationalen medizinischen Fachblättern ist das BMJ das einzige, welches das Schwert der Ironie führt. Seit einiger Zeit finden sich in der Zeitschrift auch erklärtermaßen humorvolle Karikaturen. Das BMJ veröffentlicht zum Jahresende ein Sonderheft, das angereichert ist mit elegant-ironischen Beiträgen, die diese Weihnachtsausgabe zu einer „Kultlektüre“ für die Anhänger der Evidenz-basierten Medizin macht.
An wen richtet sich die Zeitschrift? ^
Über 6.000 Artikel gehen jährlich bei der Redaktion der Zeitschrift ein; nur sechs Prozent davon werden publiziert. Die glücklichen Autoren werden mit einem beachtlichen Publikum belohnt: Eine Auflage von über 105.000 Exemplaren, von denen zirka 13.500 außerhalb Großbritanniens vertrieben werden. Es gibt auch „Lokalausgaben“ der Zeitschrift, von denen die eindrucksvolle Zahl von 173.000 Exemplaren gedruckt wird.
Das BMJ wendet sich genauso an Ärzte wie an Medizinstudenten. Letzteren ist tatsächlich eine eigene Ausgabe des BMJ gewidmet. Die Zeitschrift möchte nützlich sein bei der „daily practice“, der Weiterbildung und, mit viel Pragmatismus, beim Voranbringen der Karriere. Schließlich versäumt das Blatt keine Gelegenheit zu betonen, dass es in seiner Rolle einfach nicht umhin kann, sich aktiv an der Diskussion von Grenzthemen zu beteiligen, die jeden beschäftigen, der im Gesundheitswesen arbeitet: die letzten Augenblicke des Lebens, die Unvoreingenommenheit bei der Durchführung medizinischer Eingriffe und ihre Vertretbarkeit, das Recht auf Gesundheit.
Was finden wir in dem Periodikum? ^
Jede Ausgabe öffnet mit der „Editor’s choice“, einer Einleitung des Herausgebers zur jeweiligen Nummer. Es gibt drei oder vier „Editorials“; sie sind kurz, haben nicht mehr als zwölf bibliographische Angaben und beziehen sich sehr oft auf Originalartikel der jeweiligen Ausgabe. Sie werden fast immer von der Redaktionsleitung an Mitarbeiter der Zeitschrift vergeben, allerdings gibt es auch Raum für nicht eingeforderte Artikel, die freilich kritisch redigiert werden.
Die wahrscheinlich bedeutendste Rubrik des BMJ ist die der„Original research“, in der es einige Unterbereiche gibt: „Papers“, Primary care“, Learning in practice“ und „Information in practice“.
In der Regel darf ein Originalbeitrag nicht länger als 2.000 Wörter sein und höchstens sechs Tabellen oder Illustrationen und 24 bibliographischen Angaben (bei den Systematischen Revisionen auch bis zu 50) beinhalten. Ganz ehrlich, um Herausgeber, Redakteure und Leser nicht zu langweilen, ist es ratsam, keine umfangreicheren Texte anzubieten.
Zu den Originalbeiträgen wird eine Zusammenfassung verlangt, die ähnlich artikuliert ist wie diejenige der IMRAD, allerdings noch detaillierter: Objectives; Design; Setting; Participants; Main outcome measures; Results; Conclusions.
Die anderen Rubriken der Zeitschrift befinden sich im Mittelteil des Heftes. Dort findet man Übersichten verschiedenster Art: “Evidence-based case reports”; “Recent advances”; “Science, medicine, and the future”; “Regular reviews”; “Lessons of the week”; “ABC series”; “Drug points”.
Nicht alle Rubriken erscheinen in jedem Heft. Es handelt sich um kurze Artikel mit höchstens 1.800 Wörtern. Um Herausgeber und Redakteure zu überzeugen, muss es sich um Texte handeln, die unbedingt an der täglichen klinischen Praxis orientiert sind (mit Ausnahme der Rubrik „Science, medicine, and the future“, die ganz im Gegenteil „die nächsten 15 Jahre“ vorausblicken sollte, spezifiziert das BMJ).
Hat sich das New England dafür entschieden, leere Halbseiten mit prächtigen Fotographien – fast immer von Landschaften – seiner Leser zu „füllen“, so fordert das BMJ seine Leser auf, kurze Beiträge zu schicken; wie immer sollten sie sehr kurz sein (weniger als 600 Wörter) und von erinnerungswürdigen Patienten, Meistern der Medizin, medizinischen Fachartikeln, die den Verlauf einer Karriere verändert haben oder von lehrreichen Fehlern erzählen. Auch hierbei ist es empfehlenswert, seinen Texten eine didaktische Perspektive und, wünschenswerter Weise, eine Portion Ironie mitzugeben.
Diese Zeitschrift ist über die VMB zugänglich
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