Kurze Monografie

Die Abkürzung HTA setzt sich aus den englischen Begriffen:

  • health = Gesundheit
  • technology = Verfahren, Prozedur, Struktur, Technologie
  • assessment = Bewertung, Beurteilung.
Warum HTA ?

Im gesamten Gesundheitswesen ist die Frage der medizinischen Notwendigkeit und Angemessenheit weit davon entfernt, eine Antwort gefunden zu haben. Eine Leistung kann bekanntlich je nach Kontext notwendig bzw. angemessen, oder aber unangemessen oder gar schädlich sein. Der Anteil der medizinischen Leistungen, deren Wirksamkeit (Effektivität) wissenschaftlich gut belegt ist, liegt derzeit je nach Fachdisziplin zwischen 30 und 80 %. Die ständige Entwicklung des Gesundheitswesens bringt leider nicht nur erwünschte, sonder auch unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Mehr Versorgung kann z.B. dazu führen, dass immer mehr behandelt wird und daraus unerwünschte Nebenwirkungen resultieren, die den Nutzen der getroffenen Maßnahmen übersteigen.

Zusätzliche finanzielle Ressourcen führen also nicht automatisch zu mehr Gesundheit in der Bevölkerung. Vor dem Hintergrund der steigenden Ausgaben für die Gesundheitsversorgung – bedingt durch die Überalterung der Bevölkerung und die rasant zunehmenden, meist sehr kostenintensiven neuen Technologien, wird in verschiedenen Ländern das HTA als Instrument der Bewertung von Gesundheitsleistungen zur Steuerung und Regulierung herangezogen.

Das HTA beurteilt die experimentelle Wirksamkeit (absolute Effektivität oder „efficacy“), die Wirksamkeit im Alltag (relative Wirksamkeit oder „effectiveness“), sowie die Effizienz ( „efficiency“) einer Technologie. In diesem Zusammenhang kann sich der Begriff „Technologie“ auf Medikamente, Instrumente, Geräte, medizinische und chirurgische Verfahren, Leitlinien und Betreuungspfade, aber ebenso auf Informationstechnologien (wie elektronische Krankenakten) sowie Organisations- und Managementsysteme beziehen.

Zielsetzungen

Ziel von HTA ist es, medizinische Interventionen auf ihre tatsächliche Wirksamkeit, ihre angemessene und effiziente Anwendung, auf Qualitätsverbesserungen, klinische und organisatorische Auswirkungen, gesellschaftliche Akzeptanz usw. zu untersuchen und deren Verbreitung entsprechend zu fördern oder zu bremsen.
HTA nimmt somit Einfluss auf den medizinisch wie ökonomisch sinnvollen Einsatz von medizinischen Technologien: Will man angesichts der steigenden Kosten eine Kürzung der Leistungen vermeiden, so muss der Einsatz der vorhandenen Ressourcen durch Umschichtung wenig sinnvoller Leistungen zugunsten nachweislich nützlicher und notwendiger medizinischer Maßnahmen rationalisiert werden.
HTA ist die systematische Bewertung von Verfahren und Technologien, die einen Bezug zur gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung haben. Für HTA werden vorhandene Forschungserkenntnisse und Informationen beschafft und bewertet, in einem Bericht zusammengefasst, entsprechende Schlussfolgerungen abgeleitet und Handlungsempfehlungen für die Gesundheitsversorgung gegeben. Entscheidungen im Gesundheitswesen und in der Gesundheitspolitik sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnissen zu treffen, d.h. sie müssen „evidenzbasiert“ sein. So trägt HTA dazu bei, die unkontrollierte Verbreitung unzweckmäßiger Technologien im Gesundheitssystem zu verhindern sowie die damit verbundene finanzielle Belastung zu mindern und die Qualität medizinischer Versorgung zu steigern.

Die Ausarbeitung des Berichts und der HTA-Prozess

Der HTA-Prozess besteht aus folgenden Phasen:

  • Forderung nach einer spezifischen Bewertung/Ermittlung eines Beurteilungsbedürfnisses (Prozess-Initialisierung)
  • Priorisierung
  • Berichtskommission

Verfassen des HTA-Berichts


  • Durchführung der Beurteilung (Assessment)
  • Definition der Policy Question
  • Auswertung des HTA-Protokolls
  • Erste externe Revision
  • Sammeln von Background-Informationen / Ermittlung des technologischen Stands
  • Definition der Research Questions
:
    Sicherheit (Quellen der Daten / Analyse der Evidenzen / Synthese der Evidenzen)
    Efficacy/Effectiveness (Quellen der Daten / Analyse der Evidenzen / Synthese der Evidenzen)
    Psychologische, gesellschaftliche, ethische Aspekte (Quellen der Daten / Analyse der Evidenzen / Synthese der Evidenzen)
    Professionelle organisatorische Aspekte (Quellen der Daten / Analyse der Evidenzen / Synthese der Evidenzen )
    Wirtschaftliche Aspekte (Quellen der Daten / Analyse der Evidenzen / Synthese der Evidenzen)
  • Ausarbeitung des Berichtsentwurfs, der Diskussion, Schlussfolgerung und Empfehlungen beinhaltet
  • Externe Revision
  • Veröffentlichung des definitiven, aus folgenden Kapiteln bestehenden HTA-Berichts:
  1. Präsentation der Daten, auf dem aktuellsten wissenschaftlichen Stand bezüglich einer bestimmten diagnostischen Methodologie oder Therapie, in transparenter, verständlicher und objektiver Schriftform (evidenzbasiert);
  2. Diskussion der klinischen Relevanz;
  3. Vergleich mit anderen Methoden;
  4. Analyse der Auswirkungen auf gesundheitsökonomische Aspekte des betreffenden Prozesses.

Auf die Veröffentlichung des HTA-Berichts folgen die Phasen:
– Verbreitung
– Anwendung des HTA
– Aktualisierung des HTA-Dokuments

Nach der Vorstufe muss die Aufmerksamkeit auf die sogenannte Kontextanalyse gerichtet werden, das heißt die Beurteilung des organisatorischen Rahmens, in dem die zu prüfende Technologie zur Anwendung kommen soll. Ein HTA-Bericht ist ein Instrument des klinischen Managements. Er muss deshalb eine multidimensionale Beurteilung formulieren und dabei von einer Synthese der Indikatoren des klinischen Managements ausgehen, die folgenden Aspekten Rechnung tragen:
–    Wirksamkeit
–    Sicherheit
–    Zweckmäßigkeit
–    Angemessenheit
–    Empowerment des Benutzers
–    Effizienz

Der Zusammenhang zwischen HTA und Evidence-based Medicine (EBM)

EBM zielt mit dem Vergleich klinischer Studien vor allem auf die Überprüfung der Wirksamkeit einer medizinischen Intervention ab und eignet sich für die Entscheidungen im klinischen Alltag. HTA geht weit über die Beurteilung der medizinischen Wirksamkeit hinaus und liefert auch Aussagen zur Prävention (z.B. Vorsorgeuntersuchung), Rehabilitation, zu medizinischen und ökonomischen Optimierungsstrategien, Gesundheitssystemstrukturen, Versorgungsgesichtspunkten und Verteilungsfragen (wie etwa der Ressourcenallokation). HTA schafft somit eine Brücke zwischen Forschung und gesundheitspolitischer Entscheidungsfindung. Dem entsprechend sind EBM und HTA einander ergänzende Fachdisziplinen. Der für die (nationale und regionale) Gesundheitspolitik offensichtliche Mehrwert von HTA liegt in der Vielzahl der betrachteten Aspekte und in der Kontinuität ihrer Anwendung.

Federführender Autor:
Dr. Horand Meier,
Sanitätsassessosrat der Autonomen Provinz Bozen Die VMB-Redaktion