Aspirin: Ja – Nein – Vielleicht

Aspirin senkt das kardiovaskuläre Risiko bei gefährdeten PatientInnen, erhöht aber auch die Gefahr von Blutungen. Es ist nicht klar, ob der Nutzen von Aspirin bei Menschen ohne bekannte Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Risiken übersteigt.

Die Forscher von der Universität Auckland in Neuseeland berücksichtigten 245.028 Menschen (davon 43,6 % Frauen) im Alter zwischen 30 und 79 Jahren ohne kardiovaskuläre Erkrankung, um herauszufinden, welchen Menschen Aspirin wahrscheinlich eindeutig nutzen würde. Der Nettoeffekt des Aspirins wurde für jede/n Teilnehmer/in ausgerechnet, indem die Anzahl der kardiovaskulären Ereignisse, denen eventuell vorgebeugt wurde, von der Anzahl der größeren Blutungen abgezogen wurde, die im Laufe von fünf Jahren auftreten könnten. Die Daten stammten von PREDICT, einem entscheidungsstützenden, webbsasierten Programm, das mit den computergestützten Systemen für die Leistung der medizinischen Grundversorgung in Neuseeland zusammenarbeitet. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass 2,5 % der Frauen und 12,1 % der Männer ohne diagnostizierter CVD einen deutlichen Nutzen von der Behandlung mit Aspirin im Laufe von fünf Jahren haben könnten, wenn eine Einweisung ins Krankenhaus oder der Tod aufgrund eines akuten kardiovaskulären Ereignisses als Äquivalent einer Einweisung ins Krankenhaus oder des Todes aufgrund einer akuten schweren Blutung angesehen würde. Der Prozentsatz stieg auf 21 % bei den Frauen und 41 % bei den Männern an, wenn man festlegte, dass ein kardiovaskuläres Ereignis zwei größeren Blutungen entsprach.

Nachteile
Der Autor eines Editorials der Rutgers Robert Wood Johnson Medical School weist darauf hin, dass die Studienergebnisse möglicherweise nicht auf die Bevölkerung außerhalb Neuseelands anwendbar sind, dass keine TeilnehmerInnen über 79 Jahren in die Analyse aufgenommen wurden und dass im Übrigen die extreme Vielfalt der Ergebnisse von Studien zu Aspirin es weiterhin sehr schwer macht, solide, evidenzbasierte Empfehlungen zum Einsatz dieses Arzneimittels in der Primärprävention zu formulieren.

Quelle:
Selak V et al. Personalized prediction of cardiovascular benefits and bleeding harms from aspirin for primary prevention: a benefit–harm analysis. Ann Intern Med. [Epub ahead of print 17 September 2019] doi: 10.7326/M19-1132