Ältere Menschen, die täglich niedrig dosiertes Aspirin einnehmen, haben ein um 20 % erhöhtes Risiko, Anämie zu entwickeln, auch wenn bei ihnen keine größere Blutung auftritt.
Für die in Annals of Internal Medicine erschienenen Studie analysierten die Forschenden die Daten der ASPREE (Aspirin in Reducing Events in the Elderly)-Studie und untersuchten die Hämoglobin-Konzentration von 19 114 gesunden älteren Patient:innen, die in Wohnheimen lebten.
„Wir wussten aus umfangreichen klinischen Studien, darunter unsere ASPREE-Studie, dass niedrig dosiertes Aspirin das Risiko von klinisch signifikanten Blutungen erhört“, erklärt Zoe McQuliten, Hämatologin an der Monash University in Australien und Erstautorin der Studie. „Nun stellten wir fest, dass niedrig dosiertes Aspirin auch das Risiko für Anämie während der Studie erhöhte, was sehr wahrscheinlich auf einen klinisch nicht evidenten Blutverlust zurückzuführen war.“
Bei Anämie sind Ärzt:innen häufig nicht in der Lage, die Ursache zu bestimmen. Eine 2021 im Journal of American Geriatrics Society erschienene Studie fand heraus, dass bei einem Drittel der Fälle die Ätiologie unklar war.
Die US Preventive Services Task Force hat ihre Empfehlungen zur Einnahme von Aspirin für die Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen 2022 überarbeitet und rät dazu, bei Erwachsenen im Alter von 60 Jahren oder darüber nicht mit niedrig dosiertem Aspirin zu beginnen. Bei Erwachsenen im Alter zwischen 40 und 59 Jahren, die ein Risiko von 10 % oder mehr für kardiovaskuläre Krankheiten innerhalb von zehn Jahren haben, empfiehlt sie dagegen, dass Patient:innen und Ärzt:innen die Entscheidung, mit der Einnahme von niedrig dosiertem Aspirin zu beginnen, in jedem einzelnen Fall treffen, da der Nutzen relativ gering ist.
Etwa 50 % der über 60-Jähringen, die an der letzten Studie teilnahmen, nahm zwischen 2011 und 2018 präventiv Aspirin ein. Diese Zahl ist wahrscheinlich gesunken, nachdem die Leitlinien 2022 verändert wurden, aber es kann sein, dass ältere Patient:innen die langfristige Einnahme fortsetzen. Die Forschenden maßen außerdem die Ferritin-Konzentration bei Studienbeginn und nach drei Jahren.
Die Anämie-Inzidenz lag bei 51 pro 1000 Personenjahre in der Aspirin-Gruppe gegenüber 43 pro 1000 Personjahre in der Placebo-Gruppe. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren eine Anämie zu entwickeln, lag bei 23,5 % (IC 95% 22,4-24,6%) in der Aspirin-Gruppe und bei 20,3 % (IC 95%19,3-21,4%) in der Placebo-Gruppe. Das Risiko für Anämie stieg bei der Behandlung mit Aspirin um 20 % (IC 95%1,12-1,29).
Die Menschen, die Aspirin einnahmen, hatten eine größere Wahrscheinlichkeit, nach drei Jahren einen niedrigen Ferritin-Spiegel zu haben, als die Menschen, die ein Placebo erhielten. Bei den Teilnehmer:innen, aus der Aspirin-Gruppe sank die Ferritin-Konzentration durchschnittlich um 11,5 % (IC 95%9,3-13,7%) mehr als bei denen aus der Kontrollgruppe.
Das heißt, wenn jemand Aspirin einnimmt, ist es wichtig, das Hämoglobin im Auge zu behalten. Handelt es sich um einen älteren Menschen und erfolgt die Einnahme nicht aufgrund einer Diagnose wie einer kardiovaskulären Krankheit, sollte abgewogen werden, ob sie die beste therapeutische Option ist.
Fonte
McQuilten ZK et al. Effect of low-dose aspirin versus placebo on incidence of anemia in the elderly : a secondary analysis of the aspirin in reducing events in the elderly trial. Ann Intern Med. 2023 Jun 20. doi: 10.7326/M23-0675. Epub ahead of print. PMID: 37335992.