Eine neue, auf der Fachtagung Anesthesiology 2021 vorgestellte und im New England Journal of Medicine erschienene Studie zeigt, dass Überlebensrate, Wiedererlangung der Funktionen und postoperatives Delir von PatientInnen, die bei einem chirurgischen Eingriff wegen einer Hüftfraktur eine Vollnarkose oder eine Spinalanästhesie erhalten, ähnlich sind.
Es handelt sich um die größte bisher durchgeführte randomisierte Studie der beiden Anästhesietechniken. Sie hat die verbreitete Ansicht untersucht, dass die Ergebnisse besser sind, wenn die PatientInnen eine Spinalanästhesie erhalten.
„Die vorhandenen wissenschaftlichen Nachweise haben die Frage, ob die Spinalanästhesie bei der Hüftchirurgie sicherer ist als die Vollnarkose, nicht endgültig geklärt, was für ÄrztInnen, PatientInnen und ihre Familien ein wichtiges Thema ist. Unsere Studie macht deutlich, dass in vielen Fällen beide Arten von Narkose sicher zu sein scheinen“, erklären die AutorInnen. „Das ist von Bedeutung, da ersichtlich wird, dass es in vielen Fällen möglich ist, die Entscheidung von den Präferenzen der PatientInnen abhängig zu machen, anstatt von den erwarteten Unterschieden bei Ergebnissen.“
Die Vergleiche von Vollnarkose und Spinalanästhesie der jüngeren Zeit gehen auf Studien zurück, die die TeilnehmerInnen nicht randomisiert hatten; einige von ihnen ließen vermuten, dass es bei der Spinalanästhesie weniger kognitive und medizinischen Komplikationen gebe. Während sich einige PatientInnen für eine Spinalanästhesie entscheiden, um Komplikationen zu vermeiden, bevorzugen andere eine Allgemeinanästhesie, weil sie die Injektion im Bereich der Lendenwirbelsäule scheuen, oder weil sie Angst davor haben, während des Eingriffs nicht ausreichend sediert zu sein.
Für ihre Studie haben Neuman und KollegInnen 1600 PatientInnen aus 46 Krankenhäusern in den USA und in Kanada rekrutiert, die mindestens 50 Jahre alt waren, sich die Hüfte gebrochen hatten und zuvor in der Lage waren zu gehen. Hüftfrakturen sind besonders bei älteren Menschen problematisch, da sie zum Verlust der Mobilität führen können, mit der eine Verdopplung oder sogar Verdreifachung des kurzfristigen Sterberisikos verbunden ist.
Um ein vollständigeres Bild der möglicherweise mit den verschiedenen Anästhesietechniken assoziierten Ergebnisse zu erhalten, untersuchten die ForscherInnen die spätere Sterberate der PatientInnen und die Wiedererlangung der Fähigkeit – selbständig, mit einem Stock oder einer Gehhilfe – zu laufen.
Innerhalb von 60 Tagen nach der Operation war 18,5 % der PatientInnen aus der Spinalanästhesiegruppe gestorben oder erneut unfähig zu gehen, gegenüber von 18 % der PatientInnen der Allgemeinanästhesiegruppe. Betrachtet man die Sterberate nach 60 Tagen, waren 3,9 % der PatientInnen, die eine Spinalanästhesie erhalten hatten, und 4,1 der PatientInnen mit Vollnarkose gestorben.
Schließlich untersuchten die Forschenden auch das postoperative Delir, um festzustellen, wie sich die verschiedenen Narkosearten auf die potenziellen kognitiven Komplikationen auswirken. Etwa 21 % der PatientInnen der Spinalanästhesiegruppe manifestierten Delir, gegenüber 20 % der Allgemeinanästhesiegruppe.
„Unsere Studie zeigt, dass die Allgemeinanästhesie für viele PatientInnen eine sichere Option bei der Hüftfchirurgie sein kann“, fasst Neuman zusammen. „Diese Informationen helfen PatientInnen, Familien und ÄrztInnen, die richtige Entscheidung für eine individuell abgestimmte Behandlung zu treffen.“
Quelle
Neuman MD et al. Spinal anesthesia or general anesthesia for hip surgery in older adults. October 9, 2021 DOI: 10.1056/NEJMoa2113514