Eine neue Studie hat gezeigt, dass mehr als 30 % der KrankenhauspatientInnen mit Infarkt, der mit einem niedrigen diastolischen Blutdruck einhergeht, einer aggressiven Behandlung unterzogen wird, bei der in jedem Herzgefäß, das in irgendeiner Form eine Verminderung des Blutflusses aufweist, Stents positioniert werden. Das geschieht trotz eines Behandlungsansatzes, der sogenannten „Culprit only“-Strategie, bei der ein Stent nur für das infarktelevante Gefäß vorgesehen ist.
Im Jahr 2017 hat eine Studie gezeigt, dass die aggressive Therapie mit einer höheren Mortalität als die Standardbehandlung verbunden sein kann. Bis jetzt wurden jedoch keine Aspekte der beiden Ansätze wie die Frequenz und die Unterschiede zwischen den Krankenhäusern erforscht.
Die von der Universität Yale und dem Beth Israel Deaconess Medical Center durchgeführte Studie hat PatientInnen untersucht, bei denen zwischen 2009 und 2018 eine der beiden Behandlungen vorgenommen wurden. Ziel war es, die Muster bei der Verwendung der aggressiven Therapie zu validieren.
„Unsere Arbeit zeigt, dass es nötig ist, die Behandlungspraxis bei einer Gruppe von PatientInnen zu optimieren, deren Resultate wirklich schlecht sind“, sagt Rohan Khera, Professor in Yale und Erstautor der Studie. „In diesem Fall ist weniger mehr.“
Insgesamt stirbt mehr als ein Drittel der HerzinfarktpatientInnen mit kardiogenem Schock während der ersten Untersuchung im Krankenhaus. Etwa die Hälfte stirbt innerhalb eines Jahres. Dagegen liegt die Mortalität bei PatientInnen mit Herzinfarkt, bei denen kein kardiogener Schock auftritt, unter 5 %.
Trotz der Bedenken gegenüber dem aggressiven Stenting mehrerer Gefäße, die aus der Studie von 2017 hervorgehen, merkt Khera an, habe sein Team keinerlei Anzeichen dafür gefunden, dass diese Ergebnisse einen Einfluss auf den Anteil von PatientInnen haben, die einem aggressiven Stenting unterzogen werden, anstatt einer konservativen Behandlung.
Er fügt jedoch hinzu, dass sein Team bezüglich des Behandlungsansatzes große Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenhäusern festgestellt habe, und dass „die Krankenhäuser, die die Mehrgefäßbehandlung vornehmen, häufig schlechtere Ergebnisse für die PatientInnen zu verzeichnen haben.“
Quelle
Rohan Khera R et al. Revascularization practices and outcomes in patients with multivessel coronary artery disease who presented with acute myocardial infarction and cardiogenic shock in the US, 2009-2018. JAMA Intern Med 2020 Aug 24. doi: 10.1001/jamainternmed.2020.3276. Online ahead of print