Covid-19, Tumoren und die Notwendigkeit von Fortbildung

Die Coronavirus-Pandemie, die sich in der ganzen Welt ausgebreitet hat, geht in vielen Ländern mit drastischen Maßnahmen einher, um der Krankheit Einhalt zu gebieten, mit zum Teil verheerenden Folgen. „Die Angst, sich in Gesundheitseinrichtungen mit dem Virus anzustecken, hält viele Menschen vom Screening, der Diagnose und der Therapie von anderen Krankheiten als Covid-19 ab“, schreibt Norman E. Sharpless, Leiter des National Cancer Institute (NCI), in einem Editorial in Science. Die Frage ist: Wie kann man diese Folgen, die vor allem chronische Krankheiten und die Prävention betreffen, eingrenzen?

Um auf das dringende Bedürfnis des Gesundheitspersonals nach Fortbildung zu reagieren, hat das Projekt MaCroScopio während der Anfangsphase des Gesundheitsnotstands einen Bereich „Covid e cronicità (Covid und Chronizität) auf seiner Webseite eingerichtet, mit dem Ziel, das gesamte Material zum Thema Chronizität im Umfeld der Pandemie zusammenzutragen. Nach einer ersten Phase, in der in diesem Bereich alle epidemiologischen Forschungsarbeiten, Empfehlungen, gesetzlichen Maßnahmen und Analysen der wirtschaftlichen und organisatorischen Konsequenzen von Covid-19 im Kontext chronischer Krankheiten versammelt wurden, wurde er nun vollständig erneuert, mit einem Fokus auf die Probleme, die sich aus den indirekten Auswirkungen von Covid-19 auf den Umgang mit Chronizität ergeben. Im neuen Bereich „Covid e  cronicità“ finden sich Materialien (Literatur, Dokumente und Links) zu den indirekten Auswirkungen von Covid-19 auf Mortalität und Morbilität im Allgemeinen, zur Verwendung der Gesundheitseinrichtungen, dem Zugang zu Arzneimitteln und fachärztlichen Leistungen sowie zu den indirekten Effekten auf spezifische klinische Problematiken.

Die indirekten Auswirkungen führen seit dem Beginn des Notstands zu einer wahren „Pandemie unter den PatientInnen, die an anderen Krankheiten als Covid-19 leiden”, wie ein im NEJM erschienener Artikel schon frühzeitig festgestellt hat.

Die Vorhersagen von Sharpless bezüglich auf dieses Szenario sind besorgniserregend: „Die Modellrechnungen zur Auswirkung von Covid-19 auf das onkologische Screening und die Behandlung von Brustkrebs und Darmkrebs (die zusammen für etwa ein Sechstel aller Todesfälle durch Krebs verantwortlich sind) im nächsten Jahrzehnt lassen vermuten, dass ca. 10.000 mehr PatientInnen an Brust- und Darmkrebs sterben werden, was einen Anstieg von 1 % der Sterberate für diese Tumorarten bedeutet, in einem Zeitraum, in dem man  von fast einer Million Todesfälle aufgrund dieser Krebserkrankungen ausgeht. Die erhöhte Sterberate könnte in den nächsten zwei Jahren den Höchststand erreichen“. Und das ist eine konservative Schätzung…

Quellen

Progetto MaCroScopio http://macroscopio.it/
Rosenbaum L. The untold toll – the pandemic’s effects on patients without Covid-19. N Engl J Med 2020; 382:2368-71.
Sharpless NE. COVID-19 and cancer. Science 19 Jun 2020: Vol. 368, Issue 6497; 1290.