Das Dokument, das in Form von leicht verständlichen Infographiken im BMJ erschienen ist, enthält insbesondere folgende Empfehlungen, die das Panel allerdings als „schwach“ klassifiziert hat:
- Kein Screening für Menschen, deren Risiko, in den nächsten 15 Jahren an Dickdarmkrebs zu erkranken, unter 3 % geschätzt wird: Oberhalb dieser Grenze verschiebt sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis zugunsten des Screenings
- Für Menschen, deren Risiko, in den nächsten 15 Jahren an Dickdarmkrebs zu erkranken, auf über
3 % geschätzt wird, empfiehlt sich das Screening mit immunchemischen Stuhltests alle 1 oder 2 Jahre; eine einzige Sigmoidoskopie oder Koloskopie alle 15 Jahre.
Das Panel hat außerdem die mit den verschiedenen Screeningoptionen verbundenen Problematiken und praktischen Belastungen untersucht und dann die Gesamtheit des Nutzens geschätzt, der den typischen Bevölkerungsangehörigen zugute kommen müsste, damit sie sich für das Screening entscheiden; dann haben die AutorInnen die Schwellen des Nutzens verwendet, um ihre Empfehlungen zu formulieren.
Sie gelangten zu der Schlussfolgerung, dass sich die besser informierten Menschen, deren Risiko, in den nächsten 15 Jahren an Dickdarmkrebs zu erkranken, auf mindestens 3 % geschätzt wird, wahrscheinlich für das Screening entscheiden, während der größte Teil derjenigen mit einem geringen Risiko sich eher keinem Screening unterzieht. Unabhängig von dieser Entscheidung, hoben die AutorInnen hervor, „dass angesichts der unterschiedlichen Werte und Vorliebe eine optimale Gesundheitsversorgung einen gemeinsamen Entscheidungsprozess voraussetzt“.
Zur Einschätzung des CRC-Risikos wird der Online-Rechner QCancer empfohlen, der Alter, Geschlecht, Zigaretten- und Alkoholkonsum, Familiengeschichte von gastrointestinalen Tumoren, die persönliche Geschichte weiterer Tumoren, Colitis ulcerosa, Polypen im Kolon und BMI berücksichtigt.
Im begleitenden Editorial erklärt Philippe Autier vom International Prevention Research Institute in Lyon, dass zwar ein Paradigmenwechsel aus der Studie hervorgeht, das Gremium jedoch zu dem Ergebnis kommt, dass die Nachweise „noch schwach sind und es nicht möglich ist, stichhaltige Empfehlungen zu formulieren“. Die Arbeit des Panels wäre weniger schwierig gewesen, fährt Autier fort, wenn neue Ergebnisse aus randomisierten Studien über Vorsorgeuntersuchungen vorgelegen hätten.
Die aktuellen Leitlinien für das kolorektale Karzinom der US Preventive Services Taskforce (USPSTF) empfehlen das Screening für alle Männer und Frauen zwischen 50 und 75 Jahren und merken an, dass bei einigen Individuen im Alter zwischen 76 und 85 Jahren nur dann ein Screening durchgeführt werden sollte, wenn dies durch ihre persönlichen Risikofaktoren und Geschichte begründet würde, während es bei über 85-Jährigen vermieden werden sollte.
Hinsichtlich der besten Screeningmethoden erklärt der stellvertretende Leiter der USPSTF Alex Krist, von der Virginia Commonwealth University in Richmond, der nicht Mitglied des Panel für die Empfehlungen des BMJ war: „Alle Untersuchungen tragen in gleichem Maße zur Verringerung der Todesfälle bei. Es geht um persönliche Vorlieben“. Ein aktueller Bericht der Internationalen Agentur für Krebsforschung bestätigt, dass Vorsorgeuntersuchungen mit Sigmoidoskopie, Koloskopie und Stuhltest tatsächlich die Anzahl aller Todesfälle durch kolorektales Karzinom verringern können.
Quelle:
Helsingen LM et al. Colorectal cancer screening with faecal immunochemical testing, sigmoidoscopy or colonoscopy: a clinical practice guideline. BMJ 2019; 367 :l5515