Mütter mit niedrigem Einkommen neigen dazu, ihre Kinder im Laufe der Schwangerschaft durch die Hormone zu feminisieren, während Mütter mit hohem Einkommen sie eher vermännlichen. Zu diesem Ergebnis ist eine wichtige Studie der Swansea University über die Fingerlänge gekommen.
Es handelt sich um eine unbewusste evolutionäre Reaktion, deren Ziel es ist, die Fortpflanzungschancen zu erhöhen und könnte zumindest teilweise die Assoziation zwischen niedrigem Einkommen, niedrigem Testosteronspiegel vor der Geburt und den wichtigsten Todesursachen wie kardiovaskulären Erkrankungen erklären.
Die Studie hat sich mit dem Längenverhältnis von Zeige- und Ringfinger beschäftigt, das als 2D:4D-Verhältnis bekannt ist. Ein längerer Ringfinger zeigt höhere Testosteronwerte an, während ein längerer Zeigefinger auf höhere Östrogenwerte verweist. Im Allgemeinen ist bei Männern der Ringfinger länger, bei Frauen dagegen der Zeigefinger.
Das 2D:4D-Verhältnis ist Gegenstand einer lebhafte Debatte und wurde in mehr al 1000 Studien untersucht, aber in diesem Fall wurde es mit dem Einkommen der Eltern in Verbindung gebracht.
Die Ergebnisse legen nahe, dass für Mütter mit höherem Einkommen männlicher Nachwuchs unter reproduktiven Gesichtspunkten einen größeren Erfolg darstellt als weiblicher, während es bei Müttern mit niedrigem Einkommen umgekehrt ist. Diese Annahme ist als Trivers-Willard-Prinzip bekannt; Robert Trivers war im Übrigen an der neuen Studie beteiligt.
Das Team hat die Daten von mehr al 250.000 Menschen aus ca. 200 Ländern ausgewertet, die an einer Online-Umfrage der BBC teilnahmen. Sie wurden gebeten, nach einer genauen Anleitung ihre Ringfinger und Zeigefinger akkurat zu messen. Darüber hinaus wurden sie nach dem Einkommen ihrer Eltern gefragt.
Die Kinder von Eltern mit überdurchschnittlichem Einkommen hatten ein niedriges 2D:4D-Verhältnis und längere Ringfinger, was auf mehr pränatales Testosteron und weniger Östrogen hindeutet, die Merkmale von eher vermännlichten Föten.
Im Gegensatz dazu hatten die Kinder von Eltern mit unterdurchschnittlichem Einkommen ein hohes 2D:4D-Verhältnis, was auf niedrigere Testosteron- und höhere Östrogenwerte im Mutterleib verweist, das heißt mehr feminisierte Föten.
Dem ist hinzuzufügen, dass diese Tendenzen sowohl bei Männern wie bei Frauen vorhanden waren.
Es ist wahrscheinlich, dass für die Mütter mit hohem Einkommen die Vorteile des hohen Testosteronwertes für ihre Söhne die Nachteile für ihre Töchter überwiegen. Für die Mütter mit niedrigem Einkommen wiederum dürften die Vorteile der Feminisierung für die Töchter größer als die Nachteile für die Söhne sein.
Diese Modelle legen darüber hinaus bedeutende Auswirkungen von Armut auf die öffentliche Gesundheit nahe.
„Ein niedriger Testosteronspiegel und hoher Östrogenspiegel bei männlichen Föten könnte die Betroffenen als Erwachsene anfälliger für Krankheiten machen, die mit Armut assoziiert sind, darunter Infarkt, Schlaganfall und Bluthochdruck. Es ist bekannt, dass Armut mit einem schlechteren Gesundheitszustand einhergeht. Unsere Studie legt nahe, dass diese Assoziation über Generationen weitergegeben werden kann“, stellt John Manning, der Autor der Studie, von der Swansea University fest und erklärt, dass die Ergebnisse die Anfälligkeit für Krankheit beleuchten könnten.
Quelle
Manning JT et al. Parental income inequality and children’s digit ratio (2D:4D): a ‘Trivers-Willard’ effect on prenatal androgenization? Journal of Biosocial Science. First View; 1-9.