Ist Brustkrebsprävention mit Medikamenten möglich?

Heidi D. Nelson von der Oregon Health & Science University in Portland und ihre KollegInnen haben für die Aktualisierung des systematischen Reviews, den  der USPSTF im Jahr 2013 zu Wirkstoffen für die Prävention des primären invasiven Mammakarzinoms erstellt hatte, Daten von 46 Studien ausgewertet.

Die ForscherInnen stellten fest, dass Tamoxifen, Raloxifen und die Aromatasehemmer Exemestan und Anastrozol in Placebo-kontrollierten Studien mit einer geringeren Inzidenz von Mammakarzinom assoziiert waren (Risikoverhältnis jeweils 0,69, 0,44 und 0,45). Allerdings gingen Tamoxifen, Raloxifen und die Aromatasehemmer mit einer Reihe von Nebenwirkungen einher, darunter das vermehrte Auftreten von thromboembolischen Ereignissen im Vergleich zum Placebo (Tamoxifen und Raloxifen). Ausgehend von diesen Ergebnissen hat die USPSTF ihre Empfehlung für ÄrztInnen ausgegeben, Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko, bei denen eine geringe Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen vorliegt, Medikamente für die Risikoreduktion (Empfehlung B) zu verschreiben. Für Frauen ohne überdurchschnittliches Risiko rät die USPSTF dagegen von der routinemäßigen Verschreibung vorbeugender Arzneimittel ab (Empfehlung D).

„Wir alle möchten die Methoden zur Brustkrebsprävention verbessern, und es ist wichtig, dass die KlinikerInnen mit dem Patientinnen darüber sprechen, wie hoch ihr Risiko für Brustkrebs ist, und den besten Behandlungsansatz abwägen”, erklärt Carol M. Mangione von der USPSTF in einer Mitteilung.

Einige Überlegungen

Obwohl die chemische Prophylaxe eine interessante Option zu sein scheint, nehmen weniger als 10 % der Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko Tamoxifen, Raloxifen oder Aromatasehemmer. Warum? Es gibt einige Gründe für die Vorbehalte.

Vor allem, weil die höchste erreichbare Risikoreduktion inkrementell ist: In den Studien mit Tamoxifen zum Beispiel mussten 143 Frauen 5 Jahre lang behandelt werden, um einem Fall von Mammakarzinom vorzubeugen. Außerdem hat die chemische Prophylaxe die Mortalität aufgrund von Brustkrebs nicht gesenkt (wahrscheinlich weil die Östrogenrezeptor-positiven Tumoren, denen diese Arzneimittel vorbeugen, schon sehr gut zu behandeln sind). Darüber hinaus gehen Tamoxifen und Raloxifen mit einer erhöhten Gefahr von Thromboembolien einher und Tamoxifen erhöht die Inzidenz von Endometriumkarzinomen, Gebärmutterblutungen und Polypen in der Gebärmutterschleimhaut, was für Frauen mit intaktem Uterus keine erfreuliche Aussicht ist. Die Aromatosehemmer sind für Arthralgien und weitere muskuloskelettale Symptome verantwortlich und können das Risiko von Knochenbrüchen erhöhen. Sämtliche Wirkstoffe sind mit vasomotorische Symptomen verbunden. Und schließlich ist die Implementation der chemischen Prophylaxe problematisch, weil die existierenden Modelle der Risikoeinschätzung nur eingeschränkt in der Lage sind, Frauen mit erhöhtem Risiko festzustellen.
Insgesamt dürfte, nach Abwägung einiger spezifischer Probleme, die geeignete Strategie für die Verbreitung der chemischen Prophylaxe darin bestehen, die Instrumente zur Risikoeinschätzung zu verbessern und gleichzeitig Medikamente zu entwickeln, die weniger toxisch sind.

Quellen:
US Preventive Services Task Force. Medication use to reduce risk of breast cancer: US Preventive Services Task Force recommendation statement. JAMA 2019; 322:857.
Nelson HD et al. Medication use for the risk reduction of primary breast cancer in women: Updated evidence report and systematic review for the US Preventive Services Task Force. JAMA 2019; 322:868.
Pace LE and Keating NL. Medications to reduce breast cancer risk: Promise and limitations. JAMA 2019; 322:821.