Künstliche Intelligenz im Dienst der Radiologen

Künstliche Intelligenz ist laut einer in Radiology publizierten Studie in der Lage, im klinischen Kontext normale Röntgen-Thorax-Aufnahmen von anomalen Aufnahmen zu unterscheiden.

Röntgenaufnahmen des Brustkorbs dienen der Diagnose einer Vielzahl von Erkrankungen des Herzens und der Lunge. Eine anomale Röntgen-Thorax kann auf verschiedene Krankheiten hinweisen, darunter Tumoren und chronische Lungenerkrankungen

„Die Nachfrage nach bildgebenden Verfahren, insbesondere nach transversalen Verfahren wie CT und MRT, wird immer größer“, erklärt der Koautor der Studie, Louis Lind Plesner (Abteilung Radiologie des Herlev og Gentofte Hospital in Kopenhagen). „Inzwischen fehlen weltweit qualifizierte Radiologen. Künstliche Intelligenz ist sehr vielversprechend, sollte aber vor jeder Art von Anwendung gründlich getestet werden.“

Die Forschenden haben ein auf dem Markt erhältliches KI-Tool eingesetzt, um die Röntgen-Thorax-Aufnahmen von 1529 Patient:innen aus vier dänischen Krankenhäusern zu analysieren, und zwar Notaufnahme-Patient:innen, ins Krankenhaus aufgenommenen sowie ambulanten Patient:innen. Die Röntgenaufnahmen wurden von der KI im Falle normaler Aufnahmen als „mit hoher Wahrscheinlichkeit normal“ und im Falle anomaler Aufnahmen als „mit keiner hohen Wahrscheinlichkeit normal“ klassifiziert.

Als Referenzstandard dienten zwei zertifizierte Thorax-Radiologen. Ein dritter Radiologe kam bei Unstimmigkeiten zum Einsatz. Die drei Ärzte kannten die Ergebnisse der KI nicht.

Von den 429 als normal klassifizierten Röntgenaufnahmen des Brustkorbs wurden 120, das heißt 28 %, auch vom KI-Tool als normal eingestuft. Diese Aufnahmen könnten potenziell auf sichere Weise mit einem KI-Tool automatisiert werden. Das KI-Tool stellte die anomalen Röntgenaufnahmen mit einer Genauigkeit von 99,1 % fest.

„Am überraschendsten war die Entdeckung der Sensitivität dieses KI-Tools  für alle Arten von Krankheiten des Brustkorbs“, erklärt Plesner. „Tatsächlich haben wir in unserer Datenbank keine einzige Röntgen-Thorax gefunden, bei welcher der Algorithmus einen schweren Fehler begangen hätte. Zudem hatte das KI-Tool eine insgesamt höhere Sensitivität als die Radiologen.“

Das KI-Tool war besonders gut darin, die normalen Röntgenaufnahmen der Gruppe ambulanter Patient:innen zu finden, mit einem Anteil von 11,6 %. Das lässt vermuten, dass das KI-Modell besonders gut in einem Kontext mit einer signifikanten Prävalenz von normalen Röntgen-Thorax-Aufnahmen funktionieren würde.

„Röntgenaufnahmen des Brustkorbs gehören in der ganzen Welt zu den am häufigsten ausgeführten bildgebenden Verfahren“, schließt Plesner. „Schon mit einem kleinen Prozentsatz von Automatisierung können die Radiologen Zeit sparen und komplexeren Problemen den Vorrang geben.“

 

Quelle

Louis L. Plesner. Autonomous chest radiograph reporting using AI: estimation of clinical impact. radiology.  Published Online: Mar 7 2023. https://doi.org/10.1148/radiol.222268