In Wien wurde anlässlich der European Gastroenterology Week 2022 die erste randomisiert Studie weltweit über die Koloskopie zur Darmkrebsvorsorge vorgestellt. Die vollständige Studie wurde außerdem im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
„Leider sind Koloskopien kein Wundermittel bei kolorektalem Karzinom. Nach unserer Studie sind sie wahrscheinlich nicht besser als Stuhlproben“, erklärt Michael Bretthauer, Professor an der Universität Oslo.
Bisher war die Expertenmeinung, dass mit einer Koloskopie ein kolorektales Karzinom effizienter erkannt werden kann als mit einer Stuhlprobe. Die Forschenden gingen davon aus, dass bis zu neun von zehn Darmkrebsfällen durch Koloskopie verhindert werden könnten, während es bei Fäkalproben nur drei von zehn Fällen wären. In der NordICC-Studie wollten die Forschenden nun überprüfen, ob die Vorsorgekoloskopie tatsächlich zur Prävention des kolorektalen Karzinoms beitragen kann.
In der Studie wurde bei 1,2 % der Menschen, die nicht auf die Vorsorgekoloskopie randomisiert worden waren, innerhalb von 10 Jahren ein kolorektales Karzinom festgestellt, während es in der Koloskopie-Gruppe 0,98 % waren. „Das heißt, bei den Teilnehmenden, denen die Vorsorgekoloskopie angeboten wurde, war das Darmkrebsrisiko um 18 % niedriger“, erklärt Bretthauer.
Die Forschenden begleiteten 95.000 Erwachsene aus vier europäischen Ländern (Norwegen, Schweden, Polen und Niederlande) mehr als zehn Jahre lang. Es handelt sich um eine der größten randomisierten Studien über die Vorsorgekoloskopie, die je durchgeführt wurden.
Die gesunden Teilnehmenden zwischen 55 und 64 Jahren wurden auf eine Vorsorgekoloskopie oder auf eine Kontrollgruppe ohne Koloskopie randomisiert. Sie wurden mehr als zehn Jahre lang begleitet, um festzustellen, ob die Koloskopie der Vorbeugung von kolorektalem Karzinom dient.
In der NordICC-Studie ist die Mortalität wegen kolorektalem Karzinom insgesamt niedrig. Nur drei von 1000 Teilnehmern starben im Beobachtungszeitraum von zehn Jahren, unabhängig davon, ob ihnen die Vorsorgekoloskopie angeboten wurde oder nicht. Es war kein signifikanter Rückgang der Mortalität in der Koloskopie-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe festzustellen.
Der wichtigste Grund für die niedrige Mortalität ist, dass bei der Therapie des kolorektalen Karzinoms in den vergangenen zehn Jahren beachtliche Fortschritte gemacht wurden, wodurch die Vorsorgekoloskopie weniger effizient ist, um die Darmkrebs-spezifische Mortalität zu senken.
Fonte
Bretthauer M et al; NordICC Study Group. Effect of colonoscopy screening on risks of colorectal cancer and related death. N Engl J Med. 2022. doi: 10.1056/NEJMoa2208375. Epub ahead of print. PMID: 36214590.