Von den 695 an der Studie beteiligten Männern wurden 347 zufällig der radikalen Prostatektomie-Gruppe und 348 der Watchful-Waiting-Gruppe zugeordnet. Die maximale Beobachtungszeit betrug 29,3 Jahre, die mediane 23,6 Jahre.
Im Dezember 2017 waren 80 % der Männer verstorben. Die kumulative Inzidenz aufgrund aller Todesursachen betrug nach 23 Jahren 71,9 % in der Gruppe mit radikaler Prostatektomie und 83,8 % in der Gruppe der Watchful-Waiting-Strategie (IC 95% 5,5-18,4).
71 Todesfälle in der Prostatektomie-Gruppe und 110 in der Watchful-Waiting-Gruppe waren auf Prostatakrebs zurückzuführen, mit einer absoluten Risikodifferenz von 11,7 Prozentpunkten (IC 95% 5,2-18,2).
Unter den Teilnehmern an der Studie Nummer 4, die bis zu 29 Jahre lang beobachtet wurden, hatten die Patienten, die einer radikalen Prostatektomie unterzogen wurden, nach 23 Jahren eine im Schnitt 2,9 Jahre längere Lebenserwartung und wiesen ein relatives Risiko von 0,55 (95% IC 0,41-0,74) für Tod durch Prostatakrebs auf, gegenüber den Patienten, die mit beobachtendem Abwarten betreut wurden.
Aus der Studie geht hervor, dass bei Männern ohne weitere Erkrankungen mit einem fortgeschrittenen lokalisiertem Karzinom der chirurgische Eingriff sehr hilfreich sein kann. Jedoch war auch ersichtlich, dass viele Männer, denen ein Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, während ihrer Lebenszeit nie schwer erkrankten oder aufgrund der Krankheit starben. Für eine optimale Behandlung ist es folglich wichtig, die Vorteile der Prostatektomie auf der einen Seite und ihre Nebenwirkungen auf der anderen abzuwägen.
Jedoch hat der US-amerikanische Spezialist für Prostatakrebs James Mohler ( Roswell Park Comprehensive Cancer Center in Buffalo, New York) bemerkt, dass die lange Laufzeit der Studie die Interpretation erschwert, da Diagnose und Behandlung heute deutlich anders sind, als zu dem Zeitpunkt, als die Studie begonnen wurde. Durch die Messung des PSA-Werts wird vielen Männern Prostatakrebs diagnostiziert, der niemals schwere oder potenziell tödliche Symptome entwickeln würde. Im Vergleich zu den 1990er Jahren müsste also eine entschieden größere Anzahl von Männern mit Prostatakrebs aufmerksam beobachtet und nur dann behandelt werden, wenn Symptome von fortgeschrittenem Krebs auftreten. „Es wäre für einen Patienten, der seine Diagnose jüngst erhalten hat, sehr schwierig zu bestimmen, wie er in diese Studie eingeordnet werden kann.“
Quelle:
Bill-Axelson A. Radical prostatectomy or watchful waiting in prostate cancer — 29-year follow-up. N Engl J Med 2018;379:2319-2329.