In den Vereinigten Staaten sind die Neuerkrankungen an kolorektalem Karzinom und die mit der Krankheit verbundenen Todesfälle seit 1980 ständig zurückgegangen, was vor allem dem empfohlenen Screening durch Koloskopie ab dem 50. Lebensjahr zu verdanken ist. Aus bisher unbekannt Gründen sind jedoch die Neuerkrankungen und die Todesfälle sowohl bei Kolon- wie bei Rektalkarzinom in der Altersgruppe zwischen 20 und 49 Jahren angestiegen.
Die inJAMA Oncology erschienene Studie gehört zu den ersten epidemiologischen Analysen des früh auftretenden kolorektalen Tumors (das heißt der bei Menschen unter 50 diagnostizierten Fälle). Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass ein hoher BMI im Alter von 18 Jahren und die Gewichtszunahme ab dem jungen Erwachsenenalter mit einem erhöhten Risiko verbunden sind, vor dem 50. Lebensjahr ein Kolorektalkarzinom zu entwickeln.
Die Studie berücksichtigte 85.256 Frauen zwischen 25 und 44 Jahren und sammelte alle 2-4 Jahre detaillierte Informationen über das Körpergewicht während ihres gesamten Lebens, die Familiengeschichte und die Lebensgewohnheiten. Bis 2011 diagnostizierten die Ärzte 114 Fälle von kolorektalem Karzinom vor dem 50. Lebensjahr.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, ein gesundes Körpergewicht zu bewahren, angefangen im jungen Erwachsenenalter, um frühzeitigem kolorektalem Karzinom vorzubeugen“, bekräftigt der Autor, der Epidemiologie Yin Cao. „Wir vermuteten, dass das die Adipositas-Epidemie eine Rolle beim Anstieg des frühzeitig auftretenden Kolorektalkarzinoms spielen könnte, waren aber überrascht, wie deutlich der Zusammenhang und der Beitrag von Übergewicht und Gewichtszunahme ab dem jungen Erwachsenenalter sind“.
Gegenüber Frauen mit dem niedrigsten BMI hatten die mit einem höheren BMI (über 30) ein doppelt so hohes Risiko, frühzeitig ein kolorektales Karzinom zu entwickeln.
Das frühe kolorektale Karzinom tritt weiterhin relativ selten auf (ca. 8 Fälle pro 100.000 Menschen), aber da diese Bevölkerungsgruppe nicht an den Screening-Programmen teilnimmt, werden die Fälle oft erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert und sind sehr viel schwieriger zu behandeln. Die Forscher schätzen, dass etwa 22 % der frühzeitigen Kolorektalkarzinome vermeidbar wären, wenn alle Teilnehmer einen normalen BMI zwischen 18,5 und 24,9 hätten. Auf die Gesamtbevölkerung übertragen bedeutet das Tausende von Fällen in der jüngeren Bevölkerung, die vermieden werden könnten. Die Wissenschaftler stellten überdies fest, dass das erhöhte Risiko eines frühen kolorektalen Karzinoms, das mit einem Anstieg des BMI verbunden ist, auch Frauen ohne familiäre Vorbelastung betrifft.
Die American Cancer Society hat kürzlich das empfohlene Alter gesenkt, ab dem sich die meisten Menschen einer ersten Koloskopie unterziehen sollten. Die neuen Leitlinien befürworten das Screening ab 45 Jahren, während es früher ab 50 empfohlen wurde. „Es gibt nur wenige bekannte Risikofaktoren für das frühzeitig einsetzende Kolorektalkarzinom“, bemerkt Edward Giovannucci von der Harvard TH Chan School of Public Health. „Wenn das Screening vor dem 50. Lebensjahr eigeführt wird, kann das BMI einer der Faktoren sein, der berücksichtigt werden sollte. Allerdings fehlen noch die Kosten-Analyse und die Nutzen-Risiko-Analyse für die Senkung des Screening-Alters“.
Natürlich haben die Wissenschaftler darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um eine Beobachtungsstudie handelt. Es ist möglich, dass der BMI nur ein Surrogat von anderen Faktoren ist, die das Risiko für kolorektales Karzinom erhöhen, darunter das metabolische Syndrom und Diabetes, bei denen ebenfalls ein Anstieg in der Bevölkerung zu beobachten ist. Es bedarf weiterer Studien, um festzustellen, wie man das Risiko für Kolorektalkarzinom bei jüngeren Erwachsenen am besten bewerten kann.