Eine neue, in The Lancet veröffentlichte Studie schätzt, dass mehr als eine von vier Frauen mindestens einmal im Laufe ihres Lebens häusliche Gewalt erlebt.
Die neuen Schätzungen, für die Daten der globalen Datenbank der WHO über die Prävalenz von Gewalt gegen Frauen ausgewertet wurden, in der 90 % der Frauen in der ganzen Welt erfasst sind, besagen, dass vor der Covid-19-Pandemie 27 % der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im Laufe ihres Lebens körperliche und/oder sexuelle Gewalt in einer Partnerschaft erlebt haben, während eine von sieben (13 %) in jüngster Zeit (in den letzten zwölf Monaten der Untersuchung) betroffen waren.
Da diese Schätzungen auf von den Frauen selbst berichteten Erfahrungen beruhen, ist es angesichts des heiklen und stigmatisierten Themas wahrscheinlich, dass die tatsächliche Prävalenz von Gewalt unterschätzt wird.
Die Forschenden haben sich nur mit körperlicher und sexueller Gewalt befasst, aber die WHO arbeitet gerade daran, auch das Meldesystem für psychologische Gewalt auszubauen.
Die Studie beleuchtet, wie groß die Zahl der Jugendlichen und jungen Frauen ist, die Gewalt erfahren. In den Kohorten der jüngsten Frauen (15-19 Jahre) erfahren laut der Schätzungen 24 % mindestens einmal im Leben Gewalt vonseiten des Partners. Die Prävalenz von Gewalt durch den aktuellen/letzten Partner war unter Heranwachsenden zwischen 15 und 19 und jungen Frauen zwischen 20 und 24 Jahren am höchsten, mit 16 %, die 2018 (in den letzten 12 Monaten der Untersuchung) Gewalterfahrungen gemacht hatten.
„Die hohe Zahl von jungen Frauen, die vonseiten ihres Partners Gewalt erfahren, ist alarmierend, denn die Jugend und das frühe Erwachsenenalter sind wichtige Lebensphasen, in denen die Grundlagen für gesunde Beziehungen gelegt werden. Die Gewalt, die diese jungen Frauen erleben, hat bleibende Folgen für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen. Der Gewalt durch den Partner kann vorgebeugt werden, und es sind mehr Anstrengungen und Investitionen nötig, um wirkungsvolle Maßnahmen in den Gemeinschaften und Schulen zu entwickeln, die die Geschlechtergerechtigkeit fördern und das Risiko für junge Frauen, Gewalt durch ihren Partner zu erleben, vermindern“, erklärt die Autorin der Studie, Lynnmarie Sardinha (Weltgesundheitsorganisation).
Die regionale Klassifizierung des Global Burden of Disease zeigt, dass die Prävalenz von Gewalt durch den Partner bei Frauen zwischen 15 und 49 Jahren in Ozeanien (49 %) und im zentralen südlichen Afrika (44 %) am höchsten ist. Die Regionen mit der niedrigsten geschätzten Prävalenz von Gewalt durch den Partner sind Zentralasien (18 %) und Mitteleuropa (16 %).
Insgesamt wurde in Ländern mit hohem Einkommen die niedrigste Prävalenz geschätzt, mit großen Unterschieden bezüglich der häuslichen Gewalt im vorangegangen Jahr zwischen Regionen mit hohem und niedrigem Einkommen.
Quelle
Sardinha L et al. Global, regional, and national prevalence estimates of physical or sexual, or both, intimate partner violence against women in 2018. Lancet 2022; doi: 10.1016/S0140-6736(21)02664-7.