Vorhofflimmern: Reicht eine Uhr aus?

Die Ergebnisse der Apple Heart Study zeigen, dass bei einem Drittel der TeilnehmerInnen, die eine Benachrichtigung über eine Unregelmäßigkeit des Herzrhythmus auf ihrer Apple Watch erhalten hatten, später bei einem Elektrokardiogramm (EKG) Vorhofflimmern festgestellt wurde.

Die Resultate dieser umfassenden Studie, die genau einen Tag vor Beginn der wissenschaftlichen Tagung der American Heart Association (AHA) 2019 in Philadelphia veröffentlicht wurden, vermitteln einen ersten Überblick über den Einsatz technologischer Hilfsmittel wie Smartwatches bei der Überwachung der kardiovaskulären Gesundheit, einschließlich der möglichen Tücken.

Das von Marco V. Perez vom Stanford Center for Clinical Research geführte Wissenschaftlerteam hat versucht, die Algorithmen, mit denen die Apple Watch Unregelmäßigkeiten des Herzschlags meldet, in Bezug auf die Feststellung von Vorhofflimmern zu bewerten. Die Statistiken zu diesem Phänomen sind eindrucksvoll: In den USA könnten bis zu 700.000 Menschen ein nicht diagnostiziertes Vorhofflimmern haben, was insgesamt einem Risiko von 1 zu 3 entspricht, dass es im Laufe eines Lebens auftritt.

Bis jetzt haben „die traditionelle kontinuierliche Überwachung oder die Implantation eines EKG-Rekorders zu einer vermehrten Feststellung von Vorhofflimmern bei der Bevölkerung mit hohem Risiko geführt“, schreiben die Forscher. „Aber sie sehen begrenzte Überwachungszeiträume vor und sind mit invasiven Prozeduren verbunden oder verlangen, dass die NutzerInnen aktiv werden“.

Die Studie

Perezs und KollegInnen rekrutierten 419.297 TeilnehmerInnen, die 22 Jahre und älter waren, für acht Monate, bei denen keine Diagnose von Vorhofflimmern vorlag. Sie willigten ein, mit der Smartwatch über eine App für iPhone überwacht zu werden.

Der Algorithmus der Smartwatch, der Rhythmusstörungen mitteilt, hat potentielle Fälle von Vorhofflimmern aufgezeichnet und festgestellt. Bei potentiellem Vorhofflattern wurde eine telemedizinische Sprechstunde gestartet und der/die Teilnehmer/in erhielt per Post ein mobiles EKG-Messgerät in Form eines Pflasters, mit dem Hinweis, es maximal sieben Tage zu tragen.

Neunzig Tage nach der Aufzeichnung der Rhythmusstörung und am Ende der Studie führten die Forscher eine Umfrage unter den NutzerInnen durch.

In den durchschnittlich 117 Tagen der Überwachung erhielten 2161 TeilnehmerInnen (0,52 %) eine Mitteilung über unregelmäßigen Herzrhythmus. Weitere 450 TeilnehmerInnen gaben das EKG-Pflaster mit den Daten zurück, nachdem sie es im Schnitt 13 Tage nach der Mitteilung angelegt hatten. Vorhofflimmern trat bei 34 % aller TeilnehmerInnen (97,5% IC 29-39) und bei 35 % (97,5% IC 27-43) der TeilnehmerInnen über 65 Jahren auf.

Der positive Vorhersagewert für Vorhofflimmern betrug bei den TeilnehmerInnen, denen eine Rhythmusstörung mitgeteilt wurde, 0,84 (IC 95 %, 0,76-0,92), unter den gleichzeitig mit einer folgenden Mitteilung einer Rhythmusstörung auf dem EKG festgestellten Fällen.

Von den 1376 TeilnehmerInnen, die die Umfrage nach 90 Tagen schickten, wandten sich etwas mehr als die Hälfte (57 %) außerhalb der Studie an ihren Hausarzt. Allgemein stellten die ForscherInnen keine unerwünschten Ereignisse in Verbindung mit der App fest.

Verallgemeinbarkeit und Aussichten

Obgleich die Studie mehr als 400.000 TeilnehmerInnen über acht Monate einbezog, hängen die Ergebnisse natürlich davon ab, ob diese bereit sind, Informationen über ihre Gesundheit zu geben. Deswegen „gehen die  geringen Rücklaufquoten mit einem Verlust an Gültigkeit und Verallgemeinbarkeit des Projekts einher“, schreiben die AutorInnen der Studie. Das Problem ist in Fällen wie diesem, dass man vor allem auf die Selbsteinschätzung der TeilnehmerInnen zurückgreifen muss, sowohl was die Aufzeichnung wie das Sammeln der Ergebnisse angeht.

Jedoch „könnte es sein, dass in Zukunft Studien in der Lage sind, die Daten der Krankenakten direkt über die Smartphones zu nutzen. Mit einer steigenden Zahl von Studien, die anhand von Apps durchgeführt werden, erlangt die Entwicklung von Methoden, mit denen die Beteiligung und die Präzision der von den Teilnehmern vermittelten Daten maximiert werden können, zunehmend an Bedeutung“.

Quelle

Perez MV et al. Large-scale assessment of a smartwatch to identify atrial fibrillation. N Engl J Med 2019;381(20):1909-1917.